Lost Places - Sperrzone von Tschernobyl

Pripjat, Sperrzone von Tschernobyl und andere verlassene Orte

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Die nördliche Spur

Das linke Ufer des Flusses Pripjat

Region Kiew. Die Sperrzone von Tschernobyl.

Das linke Ufer des Flusses Pripjat.

Koschiwka, Starosillja, Krywa Gora, Symowische, Krasne.

 



Es ist der 1.Juni 2006. Nach der Werksbesichtigung im Lenin AKW kehren wir nach Tschernobyl zurück. Es ist ziemlich heiss und wir entschliessen uns, im Hotel der Chernobyl Inter Inform Touristenbehörde Mittag zu essen und uns ein wenig zu erholen. Auf der Wiese vor dem Hotel wärmt sich eine ganze Schar verwilderter Katzen. Unser Annäherungsversuch war zum Scheitern verurteilt: Die Tiere fauchten uns an und verzogen sich an einen ruhigeren Ort. 
Das linke Ufer des Flusses Pripjat

Los geht´s!

Koschiwka

Und nun machen wir uns auf dem Weg zu den Dörfern am linken Flussufer von Pripjat, die innerhalb der sog. “Nördlichen Spur“ liegen.

Vor dem Kontrollpunkt „Leliv“ fahren wir rechts ab. Nach der Brücke über den Pripjat erreichen wir ein weiteren Kontrollpunkt „Paryschiw“. Der Polizist schaut sich misstrauisch erst unsere Papiere, dann uns selber an, bewegt sich langsam Richtung Schranke, die sich in etwa 50 Meter Entfernung befindet. Hier müssen wir links. Geradeaus geht es in den weisrussischen Teil der Sperrzone. Der schmale Weg, mit den Überresten der Asphaltdecke befleckt, führt wie ein Bach in die Ferne.

Der erste Halt ist das Dorf Koschiwka. Ein winziges, für Polessje typisches Dörfchen. An einigen Türen findet man noch die Reste der Siegel, – „Innenministerium der Ukrainischen Sowjetrepublik, Kreis Tschernobyl, Region Kiew“. Das Anwesen ist versiegelt...

 

Der nächste Halt ist das Dorf Starosillja.

Starosillja Starosillja Starosillja
Starosillja Starosillja

Ein verzaubernde Ruhe herrscht hier in Polessje... Die Stuben sind voll mit aus Holz gefertigten Haushaltsinventar, dessen Zweck Vertreter unserer Generation nur erraten können...

Wir passieren das Dorf Krywa Gora und halten in Symowische.

Symowische Symowische Symowische
Nicht weit vom örtlichen Friedhof verlassen wir unsere Fahrzeuge... Die Ortdosisleistung beträgt hier 300 mkR/St.
Symowische

 

Ein weiteres interessantes Objekt während unseren Spaziergangs durch das Dorf ist der Fuhrpark mit der dazugehörigen Werkstatt. Hier fanden wir einiges an alten Agrarfahrzeugen aus der Sowjetzeit: Traktoren, Mähdrescher und Lastwagen. 

Die Gammastrahlung steigt bis zu 500 mkR/St

 

Wir passieren den Bahnübergang. Direkt danach schiesst ein Regionalzug in Richtung Slavutitsch, der das Personal des Lenin AKW´s nach Hause befördert. Uns begleiten die neugierigen Blicke der Fahrgäste – anscheinend ist es ziemlich selten Menschen in dieser Gegend zu sehen.

Symowische Symowische Symowische

Wir begegnen den hiesigen Ureinwohnern – den Moorschildkröten. Mit einer Art buddhistischer Ruhe überqueren sie langsam den Weg... Eins, zwei, vier...Sechs... Das sind so viele! Wir halten an um uns „kennen zulernen“... Mit ihrem Aussehen und dem Auftreten erwecken die Tiere bei uns einen sichtlich wichtigen ja souveränen Eindruck...Im Sand , nicht weit vom Strassenrand entfernt, fanden wir die Reste ihrer Nester.

 

Wir verabschieden uns von den Schildkröten (auf dem Rückweg werden wir uns wieder treffen, denn eine Strasse zu überqueren ist für sie nicht gerade „schnell getan“ :) und kommen nach Krasne rein. Dieses Dorf ist das Ziel unserer heutigen Reise. Ein schmaler Weg führt uns zum Zentrum des Dorfes,wo die Holzkirche die örtliche Hauptsehenswürdigkeit darstellt. Im Vergleich zu der abgebrannten Holzkirche in Towstyj Lis ist diese hier eine typische Dorfkirche Ende des 19. Anfang 20.Jahrhunderts. Und selbst, wenn an der Fassade angebrachtes Schild stolz über das Entstehungsdatum im Jahre 1800 verkündet, kann es in diesem Fall kaum der Wahrheit entsprechen. (Dieses Detail stellten die Forscher der R.Omeljaschko Gruppe fest). Man merkt, dass die Kirche immer noch besucht wird – anscheinend sind es die ehemaligen Dorfbewohner, die an den Gedenktagen hierher kommen. In der Spendenschachtel liegen einige Kleingeldscheine – ukrainische Griwna und weisrussische Rubel.

Krasne Krasne Krasne
Krasne Krasne Krasne Krasne

Die Kirche erweckte in mir persönlich keinerlei Interesse oder Emotionen. Dafür blieb ich lange in der kleinen, insgesamt nur aus vier Klassenräumen bestehenden Schule, direkt neben der Kirche, stecken. Ich fand einen grossen Schatz voller Artefakte vergangener Epochen – Malblöcke mit Prinzessinnen und blauen Elefanten, Schulhefte für Mathematik und Ukrainisch, mit von der Lehrerhand reichlich korrigierten Aufgaben. Schulpläne für das Jahr 1986... Diverse Schulbücher... Und was für Schulbänke! Komplett aus Holz gefertigt, mit der Aussparung für das Tintenfass und aufklappbarer Schreibfläche. So welche habe ich nur in den alten sowjetischen Filmen und auf Bildern gesehen. Auf einer dieser Aufnahmen ist der junge Wolodja Uljanow (zur Info für die jüngere Generationen –das ist der, der später unter dem Pseudonym Lenin bekannt sein wird : ) abgebildet, der hinter exakt so einer Schulbank sitzt. Irgendetwas fesselndes verbirgt in sich die Illusion, der aus rein menschlicher Sicht gesehen, stehen gebliebenen Zeit in der Zone... Die gegenwärtige Zeit setzt jedoch ihren normalen Lauf fort – eine Nacht löst einen Tag ab, nach dem Winter folgt der Frühling... In der Schule in Krasne bleibt es für immer der Frühling von 1986...

Krasne Krasne Krasne

Es wird langsam Abend in Polessje... Ich setzte mich auf den Stamm eines umgestürzten Baumes und versuche, mich in dieser friedlichen Stille aufzulösen. Dort in der Schule ist der Frühling von 1986 und hier draussen? Hier draussen habe ich überhaupt kein Zeitempfinden. Ich empfinde die Jahreszeit – das ist der Sommer... Die Sonne geht runter... Ich glaube, es fängt gleich an zu regnen... Tja, das war´s.

Krasne Krasne село Краснэ
 

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Die Sperrzone von Tschornobyl

Von Yevgen KRANZ Goncharenko

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