Nowoschepelytschi ist ein ziemlich grosses, am Stadtrand von Pripjat und am Ufer des gleichnamigen Flusses liegendes Dorf.
Der Mittelwert der Umgebungsstrahlung im Dorf liegt bei 50 mkR/St.
Nowoschepelytschi ist ein ziemlich grosses, am Stadtrand von Pripjat und am Ufer des gleichnamigen Flusses liegendes Dorf. (richtig wäre es eigentlich anders rum – die Stadt Pripjat liegt am Rande des Dorfes, weil es schliesslich um einiges älter ist als die Stadt). Alles was ich über das Dorf herausfinden konnte, war folgendes: „am 20.November 1943, in der unteren Lage des Flusses PRIPJAT der Kiewer Region wurde von unseren Truppen das Kreiszentrum NOWO – SCHEPELITSCHI zurückerobert“... Und dass es hier nach der Reaktorkatastrophe eine experimentelle Versuchsfarm gegeben haben soll. Dort erforschte man an einigen aus der Gegend eingefangenen Bullen und Kühen die Einwirkungen der radioaktiv verseuchten Umwelt auf das Leben und die Nachkommen der Tiere. Entweder waren die Ergebnisse nicht gerade zufrieden stellend oder es gab irgendwelche anderen Gründe, jedoch wurde die Farm geschlossen...
Das ist eigentlich auch schon alles was mir über Nowoschepelytschi bekannt ist.
Heutzutage gibt es im Dorf ein funktionierendes automatisches System zur Überwachung der Umgebungsradioaktivität (eine kleine mit Jalousien verdeckte Bude, die mit ihren Ventilatoren in die friedsame Umgebung eine gewisse Dissonanz hineinbringt)... und es lebt dort ein altes Pärchen: Opa Sawwa und Oma Lena – die einzigen Bewohner der 10 km Sperrzone.
Die Ortsdosisleistung im Winter liegt hier im Schnitt bei 50 mkR/St, was für diese Verhältnisse nur sehr gering ist.
Diesmal geht es im Rahmen einer Expedition der Redakteure von pripyat.com in die Zone.
Nach dem wir ganz Pripjat durchfahren haben, „klettern“ wir durch ein Loch in der Umzäunung und kriechen auf einem vor Schnee kaum erkennbaren Feldweg zum Dorf (leider haben wir kein BTR Panzerfahrzeug :). Die Hausnummer 28 an der Pripjatskaja Strasse liegt am dichtesten zum Stadtrand.
Wir fahren weiter. Ein Lebensmittelgeschäft. Eine Bushaltestelle. 20 Jahre ohne Fahrgäste und Busverkehr...
Wir fahren zur Mitte des Dorfes. Etwas weiter links steht ein hübsches Häuschen, die Bauweise lässt auf die 50er des Jahre vergangenen Jahrhunderts schliessen. Das ist das Schneideratelier von Nowoschepelytschi... Scheinbar war das nicht das ärmste Dorf in dieser Gegend...
Wir sind nun im Zentrum des Dorfes. Rechts von der Strasse liegt das Gemeindehaus, links zwei Läden und ein winziger Park mit einem Lenin Denkmal (jetzt steht dort nur noch das Podest. Höchstwahrscheinlich war Wladimir Ilyitsch aus Bronze... Nur das kann mir sein unentschuldigtes Fehlen erklären). Hier gab es sogar einen vollwertigen Spielzeugladen! Dort fand ich im Hilfsraum ein akkurat in Plastik eingeschweisstes Pappschild mit der Aufschrift: „Objekt der Desinfektion A.W. Filonenko“. Auf dem Foto unten links sieht man ein kleines gefliestes Becken... Diente das wohl den Fischen oder den Schildkröten als ein Zuhause?
Die Feuerwehrwache von Nowoschepelytschi. Ziemlich klein, für zwei Löschfahrzeuge. Für das Dorf völlig ausreichend.
Wir lassen das Auto neben der Feuerwehrwache stehen und setzen den Weg zum Haus des alten Paares zu Fuss fort. Hier ist auch schon ihr Hof... Alle sind an ihren Plätzen: Oma Lena und Opa Sawwa, die lauten Hofhunde, eine Katzenschar, die sich schlecht zählen lässt und eine junge, irgendwie komisch aussehende Stute (sie war den beiden völlig verwildert zugelaufen und ist nicht als Nutztier einsetzbar). Wir hackten für sie eine Menge Holz auf Vorrat und übergaben einige aus Kiew mitgebrachten Geschenke. Das alte Paar erzählte uns von ihren alltäglichen Sorgen und klagte über die kleine Rente, den allgemeinen Preisanstieg und dass sie schon seit Ewigkeiten keinen Strom mehr hätten (später, nach dem Besuch des ukrainischen Präsidenten W.A. Juschenko, wurden extra für ihr Haus die Stromleitungen gezogen). Als ein Dankeschön für das Holzhacken bekamen wir eine Riesentüte geräucherten Fisch, den Opa Sawwa in dem Fluss Pripjat geangelt hat. Es waren riesige goldbraune Fische - eine örtliche Spezialität: man backt den Fisch im Ofen, bis er trocken und bröcklig wird. Erst zeigten sich alle enthaltsam und erzählten sich gegenseitig etwas von Strontium und Cäsium... Und dann haben wir einfach davon probiert... Es war sehr lecker :).
Das war es... Unsere erste Expedition nach Nowoschepelytschi ist nun zu Ende. Wir kehren nach Pripjat zurück.
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